Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Nachbarn durch Überwachungskamera

Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Nachbarn durch Überwachungskamera

Das LG Frankenthal hat entschieden, dass eine an einer Hauswand installierte Videokamera dazu führen kann, dass das Persönlichkeitsrecht der Nachbarn verletzt ist.

Dabei genüge bereits die Möglichkeit, dass die Kamera auch Bereiche des Nachbargrundstücks erfasse. Denn allein dadurch, dass das Gerät vorhanden sei, könne ein „Überwachungsdruck“ und damit eine Beeinträchtigung der Nachbarn entstehen. In einer solchen Situation müsse die Kamera am Nachbarhaus wieder entfernt werden, so das Landgericht.

Zwischen den Nachbarn aus dem Landkreis Bad Dürkheim besteht seit vielen Jahren ein erbitterter Streit. Nachdem einer der beiden u.a. das unbefugte Betreten seines Grundstücks befürchtete, montierte er u.a. eine Videokamera an seiner Giebelwand. Dies wollten die Nachbarn nicht akzeptieren, da sie unzulässige Einblicke in ihr Grundstück und eine Verletzung ihrer Privatsphäre befürchteten.
Das in erster Instanz angerufene AG Neustadt hatte ihre Ansicht bestätigt und die Montage der Kameras untersagt.

Das LG Frankenthal hat die hiergegen eingelegte Berufung zurückgewiesen.

Nach Auffassung des Landgerichts ist die Überwachung durch eine Kamera nur zulässig, wenn sie auf das eigene Grundstück beschränkt ist. Eine Videoanlage, die eine Einsicht in das Grundstück der Nachbarn ermögliche, sei unzulässig, denn sie verletze deren verfassungsrechtlich geschütztes Persönlichkeitsrecht. Obwohl sich im konkreten Fall vor Gericht nicht sicher nachweisen ließe, dass die Überwachungsanlage tatsächlich auch auf das Nachbargrundstück ausgerichtet war, hat das Landgericht an dieser Auffassung festgehalten. Hierbei hat es maßgeblich darauf abgestellt, dass es ohne großen Aufwand möglich gewesen sei, die Blickwinkel in Richtung des Nachbargrundstücks zu lenken und dieses zu überwachen. Schließlich seien die Parteien bereits seit Jahrzehnten zerstritten und die Überwachungsanlage sollte gerade „vor den Nachbarn schützen“. Einen solchen Überwachungsdruck müssten die Nachbarn nicht hinnehmen. Sie können nach dem Urteil nun auch verlangen, dass solche Kameras in der Zukunft nicht mehr installiert werden.

Nachdem das Landgericht die Revision zum BGH nicht zugelassen hat, ist die Entscheidung rechtskräftig.

Gericht/Institution:LG Frankenthal
Erscheinungsdatum:21.12.2020
Entscheidungsdatum:16.12.2020
Aktenzeichen:2 S 195/19

Vorinstanz
AG Neustadt, Urt. v. 17.07.2017 – 4 C 3/17Quelle: Pressemitteilung des LG Frankenthal v. 21.12.2020

Quelle: Pressemitteilung des LG Frankenthal v. 21.12.2020 / Juris

Länder geben grünes Licht für Verbesserungen bei Gesundheit und Pflege

Der Bundesrat hat am 18.12.2020 das zuvor vom Bundestag beschlossene Gesetz zur Verbesserung von Gesundheitsversorgung und Pflege gebilligt.

In einer zusätzlichen Entschließung fordern die Länder aber eine kritische Prüfung der Regelungen zur sog. „Corona-Freihaltepauschale“ für Krankenhäuser.

Das Gesetz sieht die Finanzierung von 20.000 zusätzlichen Stellen für Pflegehilfskräfte in der vollstationären Altenpflege vor. Die Mittel hierfür kommen aus der Pflegeversicherung und nicht aus Eigenbeiträgen der Patienten.

Außerdem erhalten Krankenhäuser mehr Stellen für Hebammen. Dazu ist ein Förderprogramm mit 65 Mio. Euro pro Jahr vorgesehen, das etwa 600 zusätzliche Hebammenstellen und bis zu 700 weitere Stellen für Fachpersonal zur Unterstützung von Hebammen in Geburtshilfeabteilungen ermöglicht.

Um nach der Covid-19-Wirtschaftskrise die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewährleisten und die Beiträge weitestgehend stabil zu halten, werden aus den Finanzreserven der Krankenkassen einmalig 8 Mrd. Euro in den Gesundheitsfonds überführt. Zusätzlich sieht das Gesetz einen ergänzenden Bundeszuschuss aus Steuermitteln in Höhe von 5 Mrd. Euro vor.

Hintergrund für den Zuschuss ist die so genannte Sozialgarantie 2021: sie sieht vor, die Sozialversicherungsbeiträge trotz der aktuellen Krise bei maximal 40% zu stabilisieren, indem darüber hinausgehende Finanzbedarfe aus dem Bundeshaushalt gedeckt werden.

Zur Stabilisierung der Zusatzbeitragssätze werden zudem das Anhebungsverbot für Zusatzbeiträge und die Verpflichtung zum stufenweisen Abbau überschüssiger Finanzreserven ausgeweitet: Krankenkassen dürfen den Zusatzbeitrag nicht anheben, wenn sie über eine Finanzreserve verfügen, die 0,8 Monatsausgaben übersteigt. Liegen die Finanzreserven unter 0,4 Monatsausgaben, erhalten sie zum 01.01.2021 einmalig das Recht zu einer Anhebung des Beitragssatzes, die der Absicherung von Finanzreserven in Höhe von insgesamt 0,4 Monatsausgaben im Jahr 2021 entspricht.

Eine bisher befristete Regelung, nach der im Rahmen der Pflegebegutachtung empfohlene Hilfsmittel automatisch – auch ohne ärztliche Verordnung – als beantragt galten, soll ab dem kommenden Jahr auf Dauer gelten.

Außerdem hat der Bundesrat eine Entschließung zum Krankenhausfinanzierungsgesetz gefasst. Dieses ermöglicht Ausgleichszahlungen an Krankenhäuser für coronabedingte Leerstände – die sog. Freihaltepauschale.

Die Länder fordern das Bundesministerium für Gesundheit auf, die getroffenen Regelungen zu überprüfen und in enger Abstimmung mit den Ländern im Verordnungsweg Nachbesserungen auf den Weg zu bringen. Dabei geht es insbesondere um die Prüfung, ob die Freihaltepauschale auf internistischen Fachkliniken und Krankenhäusern der Basisnotfallversorgung zu Gute kommen soll.

Zudem bittet der Bundesrat das Bundesministerium für Gesundheit, die 7-Tages-Inzidenz von über 70 je 100.000 als ein Kriterium für den Anspruch auf Ausgleichzahlungen zu streichen.

Nach Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten und Verkündung im Bundesgesetzblatt kann das Gesetz zu großen Teilen am 01.01.2021 in Kraft treten.

Die Entschließung wurde der Bundesregierung zugeleitet. Sie entscheidet, ob sie die Länderforderung umsetzt. Feste Fristen gibt es hierfür nicht.

Weitere Informationen

 Gesetzentwurf der Bundesregierung: Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung und Pflege (Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz – GPVG; BT-Drs. 19/23483 – PDF, 816 KB)

Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages: Gesetz zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung und Pflege (Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz – GPVG; BR-Drs. 717/20 – PDF, 531 KB)

Gericht/Institution:BR
Erscheinungsdatum:18.12.2020

Quelle: Pressemitteilung des BR v. 18.12.2020 / Juris

Körperverletzung nach Streit über Corona-Abstandsregeln: Rentner zu Geldstrafe verurteilt

Das AG München hat einen Rentner, der einen anderen Mann deswegen verletzt hat, weil dieser nicht die gebotenen Abstandsregeln eingehalten habe und ihm zu nah gekommen sei, wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt.

Am 17.03.2020 kam es auf dem Wertstoffhof zu einem Streit zwischen einem 71-jährigen Rentner (Angeklagter) und einem anderen 81-jährigen Rentner über die Einhaltung der Corona-Abstandsregeln. Im Verlaufe dieses Streits holte nach Überzeugung des Amtsgerichtes der Angeklagte mit seinem noch zum Teil mit Gartenabfällen gefüllten Sack schwungvoll zur Seite aus und traf dadurch den Geschädigten mit dem Sack oder mit Gartenabfällen jedenfalls bedingt vorsätzlich im Gesicht. Der Geschädigte erlitt dadurch Schürfwunden und Schwellungen im Bereich des linken Auges und der linken Backe. Der Angeklagte bestritt, die Tat absichtlich begangen zu haben. Er habe den Geschädigten, da er zur Risikogruppe gehöre, mehrmals aufgefordert, dass er weggehen solle. Dies habe er aber nicht getan. Daraufhin habe er seine Gartenabfälle weiter geleert und beim Entladen den Geschädigten verletzt, er habe diesen nicht gesehen. Der Geschädigte dagegen ist der Auffassung, dass der Angeklagte ihn absichtlich attackiert habe. Sogar ein Mitarbeiter des Wertstoffhofs hätte dazwischen gehen müssen, damit der Streit nicht eskalierte. Der Mitarbeiter am Wertstoffhof bestätigte diese Aussage. Eine weitere Zeugin gab an, dass die Kontrahenten „gefühlt nebeneinander“ gestanden seien, als der Angeklagte seinen Sack schwungvoll in Richtung des anderen, der nicht habe warten wollen, geführt hätte. Sie hätte den Schlag mit dem Plastiksack als nicht so schlimm empfunden, es seien nur Krümel herausgeflogen, einen Treffer habe sie nicht mitbekommen.

Das AG München hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 70 Euro verurteilt.

Aufgrund der Angaben der neutralen Zeugen geht das Amtsgericht davon aus, dass der Angeklagte sehr erbost darüber war, dass der Geschädigte seiner Auffassung nach die Abstandsregeln nicht einhielt. Deshalb habe er schließlich mit dem Sack ausgeholt und den Geschädigten entweder mit dem Sack oder mit darin befindlichen Gartenabfällen getroffen. Dabei nahm er zumindest billigend in Kauf, dass der Geschädigte dadurch auch verletzt wurde. Der Sack mit Gartenabfällen war dabei allerdings nicht als gefährliches Werkzeug i.S.d. § 224 StGB anzusehen, da aufgrund seiner konkreten Verwendung in diesem Fall nicht mit besonders erheblichen Verletzungen zu rechnen war. Zugunsten des Angeklagten war zu berücksichtigen, dass er nicht vorbestraft sei. Außerdem ging der Körperverletzung ein Streit über die Einhaltung der Abstandsregeln voraus.

Das Urteil ist aufgrund Berufung des Angeklagten nicht rechtskräftig.

Gericht/Institution:AG München
Erscheinungsdatum:18.12.2020
Entscheidungsdatum:24.11.2020
Aktenzeichen:824 Cs 431 Js 162556/20
Norm:§ 224 StGB

Quelle: Pressemitteilung des AG München Nr. 56/2020 v. 18.12.2020 / Juris

Neue „Düsseldorfer Tabelle“ ab dem 01.01.2021

Die von dem OLG Düsseldorf herausgegebene „Düsseldorfer Tabelle“ wird zum 01.01.2021 geändert mit Überarbeitungen im Wesentlichen der Bedarfssätze minderjähriger und volljähriger Kinder.

Die Düsseldorfer Tabelle ist Richtlinie und Hilfsmittel für die Bemessung des angemessenen Unterhalts i.S.v. § 1610 BGB und wird von allen Oberlandesgerichten zur Bestimmung des Kindesunterhalts verwandt. Das OLG Düsseldorf gibt sie seit dem 01.01.1979 heraus. Ihr Inhalt beruht auf Koordinierungsgesprächen aller Oberlandesgerichte und der Unterhaltskommission des Familiengerichtstages e.V. In dem Pandemiejahr 2020 konnten keine persönlichen Koordinierungstreffen stattfinden, sondern haben sich die Beteiligten ausschließlich digital abgestimmt.

1. Bedarfssätze 

a) Minderjährige

Die Anhebung der Bedarfssätze minderjähriger Kinder beruht auf der Erhöhung des Mindestbedarfs gemäß der „Dritten Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung vom 03.11.2020“ (BGBl I 2020, 2344). Der Mindestunterhalt beträgt danach ab dem 01.01.2021:

• für Kinder der 1. Altersstufe (bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres):  393 Euro (Anhebung um 24 Euro),

• für Kinder der 2. Altersstufe (bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres):  451 Euro ( Anhebung um 27 Euro),

• für Kinder der dritten Altersstufe (vom 13. Lebensjahr bis zur Volljährigkeit):  528 Euro (Anhebung um 31 Euro).

Diese Beträge entsprechen den Bedarfssätzen der ersten Einkommensgruppe (bis 1.900 Euro) der Düsseldorfer Tabelle. Die Anhebung der Bedarfssätze der ersten Einkommensgruppe führt zugleich zu einer Änderung der Bedarfssätze der folgenden Einkommensgruppen. Sie werden wie in der Vergangenheit ab der 2. bis 5. Gruppe um jeweils 5% und in den folgenden Gruppen um jeweils 8% des Mindestunterhalts angehoben.

b) Volljährige

Die Bedarfssätze volljähriger Kinder werden zum 01.01.2021 gleichfalls angehoben. Wie in 2020 betragen sie 125% der Bedarfssätze der 2. Altersstufe.

c) Studierende

Der Bedarfssatz des Studierenden (m/w/d), der nicht bei seinen Eltern oder einem Elternteil lebt, bleibt gegenüber 2020 mit 860 Euro unverändert.

2. Anrechnung des Kindergelds

Auf den Bedarf des Kindes ist nach § 1612b BGB das Kindergeld anzurechnen. Dieses beträgt ab dem 01.01.2021:

• für ein erstes und zweites Kind:  219 Euro,

• für ein drittes Kind:  225 Euro,

• ab dem vierten Kind:  250 Euro.

Das Kindergeld ist bei minderjährigen Kindern in der Regel zur Hälfte und bei volljährigen Kindern in vollem Umfang auf den Barunterhaltsbedarf anzurechnen. Die sich nach Abzug des Kindergeldanteils ergebenden Beträge sind in den im Anhang der Tabelle beigefügten „Zahlbetragstabellen“ aufgelistet.

3. Selbstbehalte

Die Selbstbehalte bleiben gegenüber 2020 unverändert. Lediglich bei Ansprüchen auf Elternunterhalt ist mit Rücksicht auf die Regelungen des Angehörigenentlastungsgesetzes von der Angabe eines konkreten Betrags abgesehen worden. Die Steigerung des Regelsatzes auf 446 Euro für volljährige Alleinstehende hat noch keine Anhebung des notwendigen Selbstbehalts veranlasst. Sollte aber der Regelsatz weiter steigen, bedürfen die Selbstbehalte wahrscheinlich zum 01.01.2022 einer Anpassung.

4. Einkommensgruppen

Die Einkommensgruppen bleiben 2021 unverändert. Wie in der Vergangenheit endet die Tabelle mit einem bereinigten Einkommen bis zu 5.500 Euro (10. Einkommensgruppe, 160% des Mindestbedarfs). Der BGH befürwortet mit Beschluss vom 16.09.2020 (XII ZB 499/19) eine Fortschreibung der Einkommensgruppen. Dieser Wunsch in der am 09.11.2020 veröffentlichten Entscheidung konnte für die Tabelle 2021 nicht mehr umgesetzt werden. Eine etwaige Fortschreibung der Einkommensgruppen und Bedarfssätze über die 10. Einkommensgruppe hinaus bleibt deshalb der Düsseldorfer Tabelle 2022 vorbehalten. Nach der Entscheidung des BGH kommt eine prozentuale Erhöhung der Bedarfssätze in Betracht, wenn das bereinigte Einkommen des Barunterhaltspflichtigen die 10. Einkommensgruppe überschreitet.

Weitere Informationen
 Düsseldorfer Tabelle 2020 (PDF, 196 KB)
 Leitlinien Stand 01.01.2020 zur Düsseldorfer Tabelle (PDF, 143 KB)

Gericht/Institution:OLG Düsseldorf
Erscheinungsdatum:01.12.2020
Normen:§ 1610 BGB, § 1612b BGB

Quelle: Pressemitteilung des OLG Düsseldorf v. 01.12.2020